Zur Erinnerung: der schönste Tag in unserem Leben
Am Tag vor der Hochzeit zweier junger netter Menschen die uns...
Am Tag vor der Hochzeit zweier junger netter Menschen die uns...
Am Tag vor der Hochzeit zweier junger netter Menschen die uns alle nichts angehen, nachfolgend nur das Ereignis genannt, kollabiert die Medienberichterstattung, nachfolgend nur: DIE Medien genannt.
In den Wochen vor dem Ereignis, das Datum der Hochzeit wurde behutsam auf den Tag der Eheschließung von Eva Braun und Adolf Hitler im Jahre 1945 gelegt, lasen und sahen wir immer neue absurde Meldung über das Königshaus. Gleichsam so, als seien DIE Medien froh, nicht mehr über demonstrierende Araber oder Tsunamis berichten zu müssen. Auch der rothaarige (!) Ex Rittmeister und Ex- Diana Geliebter James Hewitt, der heute eine Bar in Marbella betreibt, durfte irgendetwas sagen.
Was für ein Ereignis, das Ereignis:
Prinz William, Sohn von Diana, Gott hab sie selig und Charles, dem einzigen Menschen, der in der Königsfamilie interessant sein könnte, aber das auch nur durch seine Freundschaft zu Mr. Bean, heiratet eine Bürgerliche.
Kate Middleton, nachfolgend Kate genannt, 1982 geboren als Tochter eines Piloten und einer Stewardess. Ihre Mutter, Frau Goldshmith, aller Nachforschung nach nicht jüdisch, stammt aus sehr einfachen Verhältnissen, was uns egal wäre, in England mit seinen reizend altmodischem Standesdünkel aber immer noch sehr viel Beachtung findet. Klar ist, dass die Kinder es besser haben sollten. Herr und Frau Middelton, mit hervorragendem Knochenbau, die nach ihrer Fliegerlaufbahn mit Partyzubehör Millionen verdienten, sandten ihre drei Kinder auf angesehen Schulen. Kate landete an der Universität St. Andrews, die als Hochzeitsanbahnungsinstitut der besseren Gesellschaft gilt. Dort lernte sie 2002 William kennen. Anzunehmen ist, dass Kate und William ineinander verliebt waren, denn die Beziehung hält, mit einer kurzen Pause wegen jung, und trotz des albernen Berufes des jungen Prinzen.
Seit Kate und William sich letzten Oktober verlobten, unheimlich für mein Empfinden der Ring der toten Diana am Finger von Kate, blau und geschmacklos, mit Leichengift überzogen wird der Mediengau vorbereitet. Sechzig Kameras sind auf THE MALL, dem Weg vom Buckingham Palace zur Westminster Abbey, in der die Trauung stattfinden wird installiert, Rund Drei Milliarden Zuschauer werden das Ereignis verfolgen, allein die deutsche Wirtschaft rechnet mit Verdienstausfällen von drei Million wegen glierender Angestellter. Nicht zu schweigen von ganz England, mit einem kompletten arbeitsfreien Tag.
Drei Milliarden Menschen sehen also zu, wie eine junge Frau, früher Assistenz Accessoire Einkäuferin eines Modelabels, danach im Unternehmen der Eltern tätig, und eines jungen Mannes, der sich hauptsächlich durch eine schwierige Kindheit auszeichnet, heiraten.
Die Gästeliste ist für meine Begriffe unspektakulär, bis auf den, Eingangs erwähnten Rowan Atkinson werden noch Elton Jon und sein Mann, Joss Stone und die Bekhams anwesend sein. Der Rest ist Adel, vierzig Stück, Saudiarabische Prinzen und Staatsleute unterer Chargen. Der Staatsvertreter Syriens wurde, wie meine Informanten im weißen Haus verlauten lassen, ausgeladen.
Seit drei Tagen campieren Geisteskranke an der Wegstrecke zur Kirche, die fast tausendjährig ist, in der auch Prinz Charles in erster Ehe heiratete, sie schwenken Fahnen stammeln von Lady Di, und murmeln: eine Bürgerliche, eine Bürgerliche. Unerheblich zu betonen, das man jeden Tag weltweit an ein paar Milliarden Bürgerlichen Hochzeiten teilnehmen könnte, und es vermutlich interessanter wäre, wenn der junge William, dessen einziger Verdienst nur ist, Jahrhundertelangen Inzest unbeschadet überlebt zu haben, einen Mann heiratete. Kate Middleton wird den Titel Her Royal Highness the Duchess of Cambridge tragen, das ist mehr als der schöne Konsul Weiher, aber weniger als der Doktor in Kybernetik. In einer Zeitung war ein Foto der gesamten königlichen Familie zu sehen, auf dem Balkon des Palastes. Alle mit offenem Mund, alle mit Deix Gesichtern. Aber wollen wir mal keine Spielverderber sein, die Engländer halten sich ihre Könige, wie ein teuer subventioniertes Theater. Das Stück: Die gute alte Zeit, handelt von Träumen unbefriedigter Arbeitnehmer, die sie auf die Akteure projizieren können. Eine liebenswerte Marotte, die jungen Menschen, die meinen dass die Millionen mit der das Königstheater subventioniert wird doch besser in die Bildungspolitik gesteckt würde, verstehen einfach keinen Spaß.
Und der geht langsam los. Es ist gegen zehn. Das niedere Volk, Diplomaten, Wohltätigkeitsverbände, schlendert in die Kirche, alle aus guten Familien, die Gesichter der Männer lassen auf einen weit verbreiteten Alkoholismus schließen, mit den Farben Fuchsia und Mauve kann man nichts verkehrt machen, denken sich die Damen und ich sage: man kann.
Danach folgen die Prominenten, in mitternachtsblau und schwanger- Victoria Beckham mit ihrem Gutangezogenen Mann, Elton John, der wie alle Männer die sich die Haare färben so einen Rostton auf dem Kopf trägt der verrät: hier wurde am Friseur gespart.
Die Monarchie und die Rechtspolitik, die Besinnung auf Werte und Traditionen sind im Moment stark wie lange nicht mehr. Es ist die Angst vor einer anstehenden Neugestaltung der Weltordnung, die bei der Weltbevölkerung einen starken Rückwärtsgewandten Reflex auslöst. Die besseren Familien. Das Schloss. Der Wind, die Kälte, die Hunde, der Alkohol und die durch das Boardingschool versaute Innenleben der armen Briten. Das bekommt doch Kindern nur mäßig, auf diesen zugigen Pritschen weg von daheim, vom zugigen Castel und den Hunden.
Kurz vor elf, die gesamte Welt dreht durch, das Internet dreht durch. Auf Twitter folgen Fünfzig Tausend dem Royalwedding Programm der BBC, Twitter aus der ganzen Welt kommentieren das Ereignis, entweder mit coolen Witzen oder aufrechter Ergriffenheit. Ein kollektiver Zwang das Ereignis nicht zu verpassen, wie 9/11, man könnte etwas verpassen, man könnte nicht mitreden können.
William rollt gerade in Begleitung seines Bruders, der heute auf das Tragen der Hakenkreuzarmbinde verzichtet hat, was sicher viele ältere Zuschauer enttäuscht, zur Kirche. William der roten Phantasieuniform einer Zunft. Und langsam greift der emotionale Moment des Ereignisses auf mich über. Ich vergesse langsam die Werbeveranstaltung zum Erhalt der Monarchie, es geht doch um Liebe. Glaube ich.
Die Gäste warten bereits über eine Stunde in der Kirche. Ob sie austreten können?
Überall in London stehen Massen gebannt vor Riesenleinwänden. So funktionieren Kriege und Fußballspiele. Die Kommentatorin sagt gerade: Man kann sich vorstellen, dass das für die Beiden heute ein ganz besonderer Tag ist.“ Die Tiefsinnigkeit der Adelsexperten verschlägt einem mithin den Atem. Die Queen kommt. In gelb. Sie trägt ein Deckchen über den Kneu und winkt mir. Die Stimmung wie beim Elfmeterschiessen. Und da endlich, die Welt erstarrt: die Braut. 3 Milliarden starren eine 29 jährige an, sie trägt, Trommelwirbel, ein Kleid.
In creme wie es sich gehört, schlicht der Rezession angemessen, von der unglaublichen Sarah Burton für Alexander McQueen, der sich vor einem Jahr erhängt hat. Ein Satinkleid mit Spitze überzogen, ein wenig 30er, mit Drappement am Gesäß. Im Haar eine Cartier Tara von der Queen, ich merke, wie ich verblöde. Sie haben mich!
Kate und William stehen vor dem Altar, William macht kleine Scherze, Kate ist ein bisschen nervös, überraschender Weise wollen sich beide heiraten. Der Erzbischof ist erleichtert. Das Ja Wort!!! Draußen in der Welt liegen sich Millionen, was sage ich, Milliarden weinend in den Armen. Das Paar steigt in die offene Kutsche und fährt an den emotionalen Menschen vorbei. Wir sind alle in diesem Moment eine Gemeinschaft, wir bilden uns ein, es gäbe nur Liebe und Prinzessinnen auf der Welt, die jetzt winkt, als beuge sie sich aus einem Zugfenster.
Die Menge hat nun Zeit zum Palast zu schieben, denn zum Abschluss wird es den Kuss auf dem Balkon des Buckingham Palastes geben, der Orgasmus für die Menge, die Erlösung, der Startschuss für hemmungslose Besäufnisse.
Und dann erfolgt der kürzeste, teenagermässigste Kuss ohne Zunge der Filmgeschichte. Kinderwinken, und noch ein Kuss, bevor sich die Flugzeuge in den Buckingham Palast bohren. Die königliche Familie verschwindet in den Palast, dort gibt es Fingerfood des Schweizer Hoflieferantenkochs, des Bielers Anton Mosimann, die Menschen unten gehen mit einem leichten Kater nach Hause. Das war sie also, die Märchenhochzeit, die Millionenverschlingende, die globale Umarmung, der Taumel. Es war großartig. Romantisch und perfekt. Und nun ist irgendwie alles—wie vorher.
Es war so ein Moment, da die Seele den Körper verlässt, eine...
Sonntag. Ich kann nicht gut reden. Weder brillant noch einnehmend, noch charmant,...