:: sibylle berg ::

Wer irgendeine Idee zu Nouakchott hat, werfe den ersten Stein. Ich habe keinen Schimmer. Der unglaublich gemütliche Ort, in dem sich die Einwohner in Nachthemden auf der Strasse tummeln, erinnert mich an Dhaka, wo ich aus unerfindlichen Gründen einmal war. Ich sehe die lockenden Lichter des Hotel Emira. Schade, sie haben keine Website. Dann heisst es ein Nachthemd einpacken und auf gut Glück losreisen. Ich stelle mir vor, ich wäre bereits dort. In einem heissen Hotelzimmer, von draussen Lärm, unbedingt liefen Haufenweise Ziegen auf der Strasse herum, und in meinem Hotelzimmer stünde ein Bett mit einer kratzigen Wolldecke, ein Schrank mit nicht schliessender Tür und ein Waschbecken. Das Wasser aus dem Hahn flösse nachdenklich und rot. Natürlich wäre ich krank, das ist man an solchen Orten immer. Irgendwas mit Fieber und brechen. Der Portier, der auch Kellner und Putzmann wäre, hätte einen Bart, ein Nachthemd an und würde den Arzt holen, der keine Zähne besässe, aber ein herzensgutes Gesicht. Er würde mich mit Antibiotika vollstopfen. Irgendwelche abgelaufenen Präparate aus Russland, gross wie Fusballstadien, an denen ich herumkauen würde, weil Wasser wäre nicht. Alle paar Stunden und besonders vor Sonnenaufgang Muezzine. Von überall her. Und die Ziegen. Und Hupen. Viel Hupen, weil wozu ein Auto haben, wenn man nicht hupt. Ich würde vielleicht den Ausgang der Wahlen noch miterleben. Und wie unter dem neuen Präsidenten alles anders würde. Gleichberechtigung, geteerte Strassen, Ziegen ab auf die Weide, sie wissen schon. Ich würde den Portier heiraten und Kinder mit Bärten gebären. Ich würde glücklich sein, in Nouakchott, wo auch immer das ist.